#6 – „The Show must go on“

THE SHOW MUST GO ON

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Wisst ihr noch, als ich in meiner letzten Kolumne über die Vorbereitungen, für die Fashion Week in Berlin, geschrieben habe? Ich hab alles ganz genau geplant, mir Collagen & Mood Boards gebastelt, jede Tablette für jede mögliche Krankheit rausgelegt und mir wichtige Telefonnummern und Adressen in ein extra Notizheft geschrieben. Doch all diese Vorbereitungen waren überflüssig, denn auf meiner aller ersten Fashion Week passierte alles, nur nichts was ich planen hätte können.

Montag Mittag fuhr ich also mit dem Zug Richtung Berlin und schaute auf der Hinfahrt „Harry Potter – Kammer des Schreckens“. Im Film kommt ein Bus namens „fahrender Ritter“ vor, welcher so chaotisch fährt, dass Mr. Potter von A nach B gegen die Scheibe fliegt. Ich weiß, ein Zug, kann nicht so chaotisch fahren, wie ein verhexter Bus, aber ich fühlte mich streckenweise original wie Harry im fahrenden Ritter. Der Zug schwenkte so sehr, dass ich zuerst meine Fanta über meine neue Hose schüttete und anschließend noch das geschmolzene Snickers  auf mein Tshirt fallen ließ. Fanta und Snickers, beides Dinge, die ich eigentlich NIE konsumiere. Aus gutem Grund, wie sich nun heraus stellte. Meine Hose für den 1. Tag fiel also schonmal weg und so hatte ich an zwei Tagen die gleiche Hose an. Bei Bloggern eine mittlere Katastrophe.

Um 17:30 kam ich in Berlin an und musste eine Stunde später bereits am Brandenburger Tor sein, da ich zum Stylight Fashion Blogger Award eingeladen wurde. Also raste ich so schnell ich konnte, zu meiner Unterkunft, zog mich um und fuhr zu der Veranstaltung. Im Zelt der Fashion Week ist es ein bisschen wie auf einem Treffen für anonyme Alkoholiker. Jeder spielt dem anderen eine Rolle vor und es wird sich ab 9 Uhr morgens betrunken. 

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Denn das Wasser wird nur jede 2 Stunden aufgefüllt. Dafür gibt es rund um die Uhr Wein und Sekt umsonst. Und hier kommen wir zum nächsten Punkt. Ich verstehe nun wirklich, wieso Models so dünn sind.

Es gibt einfach keine Möglichkeit zum essen. Ich hatte das große Glück, auf fast jeder Show eingeladen zusein und war so von 9 Uhr morgens bis minimum 19 Uhr Abends (Mittwoch sogar bis 22 Uhr) auf Runways eingeladen. Man hat also nie die Möglichkeit sich etwas zum Essen zu holen. Also verzichtet man darauf. Die C-Promis ersetzten ihre Mahlzeiten mit Alkohol und wurden immer gesprächiger vor den RTL-Kameras.

Ich entschied mich dafür nüchtern zu bleiben, da ich selbst im koscheren Zustand massiv überfordert war. Posieren für die Kameras, geben von Interviews, alle Shows und Timetables im Überblick behalten und dann noch das wichtigste: Der Run um den besten Platz während der Show. Hier hat sich eine richtige Taktik unter den Journalisten und Modefans entwickelt. Man darf nicht als erster reingehen und nicht als letzter. Am besten in der Mitte oder im zweiten Drittel. Denn wer als erstes kommt, wird in die letzten Reihen gesetzt. Wer als letztes kommt, kann garnicht sitzen, sondern muss stehen. Und für die in der Mitte, gibt es meist Restplätze in der zweiten oder dritten Reihe.

Für Riccardo (The fabulous Life of Ricci) war es bereits die vierte Fashion Week. Er war schon geübt im Front Row catches

Für Riccardo (The fabulous Life of Ricci) war es bereits die vierte Fashion Week. Er war schon geübt im Front Row „catchen“

Meine Lieblingsshows waren Marcel Ostertag, Barre Noire und IVANMAN. Bei Ostertag war alles wie ein riesiges Mode-Musical. Die Musik war aus den 80igern von David Bowie und Depeche Mode. Barre Noire hatte die besten Models und den sympathischen Winker am Ende der Show und IVANMAN überzeugte mit Zurückhaltung und Understatement. Zusammenfassend kann man sagen, sind die Trends für den nächsten Winter: Silber, Metallic und Transparent (alles was ich in meinem Mittwochs-Outfit hatte, juhu).

Einmal durfte ich sogar, als Fashion Week Neuling, in der Front Row sitzen. Bei Liliana Matthäus ihrer ersten Show als Designerin, wurde ich ganz nach vorne gesetzt und saß so gegenüber von Charity-Ikone Ute Ohoven und Designer Andre Borchers. Es war ein bisschen, wie im Zoo sitzen. Die Fotografen schossen ein Foto nach dem anderen und fragten sich gegenseitig, wer der verrückte Junge in der ersten Reihe ist.  Ich hätte ihnen am liebsten zugerufen: „bitte nicht füttern!“. Hunger hatte ich sowieso keinen mehr, nach zwei Tagen ohne fester Nahrung. 

Obwohl, zwei Mal haben wir es zum essen spät Abends geschafft. Einmal waren Riccardo und ich in einem schicken Restaurant, nähe Brandenburger Tor essen, und wurden prompt in einen abgetrennten Bereich gesetzt, samt Schild: „geschlossene Gesellschaft“. Ob das jetzt an Riccardos Leoparden-Mantel lag, oder dass der Kellner dachte, wir wären Celebritys und können nicht in Gesellschaft anderen Menschen sitzen, wussten wir nicht. Es war aufjedenfall sehr amüsant. Riccardo meinte noch zu mir: „So muss sich Beyonce beim Essen fühlen!“. 

Wie sich weniger Beyonce fühlt und viel mehr Victoria Beckham, haben wir einen Tag später erlebt. Wir hatten den ganzen Tag keine Zeit zum Essen und landeten um 23 Uhr Todes kaputt auf der Couch des Hotel ADLON. Als wir unsere Getränke bestellten, bekamen wir eine kleine Schale mit Popcorn und Nüssen hingestellt, mit den Worten: „Guten Appetit“. Ein echtes Topmodel-Essen. 

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Ich hätte aber definitiv mehr essen sollen, dann hätte ich wahrscheinlich nicht so konfuse Interviews gegeben. Ich wurde Acht Mal für verschiedene Mode-Magazine und Tv-Magazine interviewed. Ein paar davon waren nett, ein paar davon ganz amüsant und die meisten waren extrem strange. So hat mich ein Herr von Fashiondaily.tv ständig nach Harald Glööckler, und dessen Fashion Week für dicke Frauen gefragt. Ich meinte nur, dass es eine Fashion Week gäbe und die reiche wohl. Außerdem nerve mich die rumreiterei auf Randgruppen. Schön politisch unkorrekt und unüberlegt. Ich bin auf das Ergebnis gespannt.

Über was ich mich sehr gefreut habe, ist das Interview mit dem SPIEGEL ONLINE. Ein wenig exzentrisch, aber sehr schön. Ich könnte nicht glücklicher darüber sein. Nachdem der Post online ging, sind die Zahlen meines Blogs nur so explodiert. Ich konnte an nichts anderes mehr denken und bin bei der Musik von Jürgen Drews, welcher zufällig im Radio kam, erstmal eine Runde durch meine Küche getanzt. Mein aller erstes, richtiges, lesenswertes Interview!! Für diesen Punkt habe ich sehr lange und hart gearbeitet.

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Immer noch wie elektrisiert sitze ich in meinem Bett und tippe diese Zeilen. Die Fashion Week war anstrengend, extrem stressig, schlaflos aber auch unglaublich erfolgreich und spaßig. Ich habe so tolle Menschen kennen gelernt und konnte endlich zeigen wer ich wirklich bin. 

Trotzdem bin ich froh wieder in München zusein, U-Bahn zu fahren ohne jedes Mal 36-mal umsteigen zu müssen und von A nach B keine Stunde zu brauchen.

Ach übrigens, als ich in München aus dem Zug ausgestiegen, und nach Drei Tagen ohne Schlaf und Essen wie ein Zombie Richtung U-Bahn gelaufen bin, stupste mich ein Herr von der Seite an. Zuerst dachte ich (immer noch im Fashion Week Wahn) es wäre ein Fotograf, doch es war ein Zivilpolizist. Als er mich fragte woher ich komme, und ich noch ganz verträumt, Fashion Week antwortete, musste ich erst mal zu ihm ins Büro. Koffer auspacken, Drogen Kontrolle.

„Herr Polizist, ich bin nach einem Glas Wein schon fix und fertig. Denken Sie wirklich ich vertrage auch nur die kleinste Droge?“, sagte ich zu dem Herren in Zivil-Kleidung. 

Er verdrehte die Augen, klappte meinen Koffer zu (welcher extrem überladen mit Shampoos, Parfüms und anderen Geschenken aus den 100 Goodie Bags war) und wünschte mir eine gute Heimfahrt.

Stunden später, bin ich immer noch ganz aufgedreht von den vielen Eindrücken und habe ein bisschen Fashion-Jet-Lag. Aber THE SHOW MUST GO ON!! So kanns weiter gehen 🙂

Bilder & Videos der wilden Zeit findet ihr auf meinem Instagram Account „Michael_anton“ & auf meiner Facebook Seite: „facebook.com/thelostboy.de“.

Wer zufällig Bilder von mir findet (ich habe den Überblick verloren) bitte an info@thelostboy.de schicken. Danke!!

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