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Das Leben ist wie Pizza – Vielversprechend und Heimtückisch

oder: Die Suche nach den Zielen & Träumen

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Interviewsituation – Wer bin ich? Wo will ich hin?

In einer Welt, in der Erfolg und Geld eine größere Rolle spielt wie das Baum pflanzen, Haus bauen und Kinder groß ziehen, kann man als Student schon einmal ins Wanken kommen.  Die Superstars von heute werden im Vorschulalter berühmt, in der Pubertät zu Ikonen und in den Zwanzigern folgt das erste Comeback, welches in der „Rehab“ und in zahlreichen Talkshows endet. Das Leben ist so schnelllebig geworden, dass ich mich  nicht mehr traue, einen Mittagsschlaf einzulegen, ohne das ganz große Ding zu verpassen. Hätte Leonardo Dicaprio das Casting für „Titanic“ verschlafen, wäre er wohl nie zum „Wolf of the Wallstreet“ geworden. Und wenn Sarah Jessica Parka damals im Bett liegen geblieben wäre, anstatt für „Sex and the City“ vorzusprechen, wäre sie immer noch die blonde Frau mit der großen Nase und den vielen Schuhen. Für Schlafen ist kein Platz in dieser  Welt. Der Platz wird heutzutage mit Träumen und noch größeren Plänen ausgefüllt.

– Weltreise – Buch schreiben – Millionär, ach was, Milliardär werden – die eigene Firma gründen und diese für den dreifachen Wert weiter  verkaufen –  (…) –

Eingedeckt von den Zielen und Wünschen Millioner Menschen liege ich darunter vergraben.

Mit der ständigen Frage: Was ist mein Ziel ? Und was sind meine Pläne ? Abgesehen davon, dass mich ungefähr jeder danach frägt, was ich nach dem Studium vorhabe, gab es  noch diese eigenartige Prüfung an meiner Hochschule.

In „Selbstmanagement“ mussten wir uns, unserer Zukunft stellen. Wie geht es weiter nach dem Bachelor? Wie sehen die nächsten drei Jahre aus? Mit Listen, Methoden und Mind Map wurden wir an das Thema herangeführt und sollten es in einer mündlichen Prüfung vortragen.

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Mit der Folge: Ich war noch verwirrter, als ich es jemals war. Ich hatte also fünf riesige Plakate vor mir auf dem Fußboden ausgebreitet und wollte mit einem Edding bewaffnet, anfangen meine Ziele darauf zu schreiben. Doch ich wusste nicht wie ich anfangen sollte. Oder besser gesagt, wo ich aufhören sollte.

Mein ganzes Leben habe ich gesagt: „Ich weiß wohin mich mein Leben führt. Ich will erfolgreich und berühmt werden!“. Doch jetzt wo ich so kurz vor dem Berufsleben stehe, habe ich die Definition für erfolgreich und berühmt vergessen. Ich zeichnete zwei große Bälle. In dem einen stand: „Selbständigkeit – etwas eigenes“ in dem anderen stand „Journalismus – Mode & Kultur“. Und dazwischen waren hunderte Fragezeichen und Blitze.

Nach einer sehr langen und schlaflosen Nacht fuhr ich also mit meinen XXL-Plakaten zu meiner Hochschule und beobachtete die Menschen in der U-Bahn. Die meisten Herren trugen Anzug und Aktentasche. Doch was mir am meisten auffiel war, dass sie ein Unzufriedenes Gesicht trugen. Als wären sie nie richtig glücklich gewesen.

Und dann wusste ich, was ich in meinen nächsten drei Jahren werden wollte. Zufrieden. Egal, ob ich nun im ersten Jahr Praktikant oder Geschäftsführer werde, Hauptsache ich bin damit zufrieden.

In der Präsentation stellte ich ein Online-Magazin mit dem Titel: „BRAVE HEART – Mode ist Krieg“ vor, welches für mehr Toleranz und Mut im Männer-Mode-Journalismus eintreten soll. Außerdem sagte ich, dass ich gerne bei einem großen Modemagazin arbeiten wollen würde und nebenbei eine veröffentlichte Kolumne schreiben würde.

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Ich denke, ich habe mich mit meinem Plänen sehr zurück gehalten, doch die Augen der Dozenten wurden immer größer und mein Selbstbewusstsein, immer kleiner.

Als die 30 Minuten vorbei waren, nahm ich meine Poster von der Wand als würde ich meine Träume von einer Tafel abwischen. Für Die Präsentation bekam ich eine GUT (80 von 100 Punkten). Meine Zukunft ist also mit einem Gut zu bewerten. Doch das reichte mir nicht, so malte ich mir meine Zukunft doch immer als „sehr gut“ oder gar beispiellos brilliant aus.

Entmutigt und müde fuhr ich nach Hause. Doch wie durch Geisterhand, zog es mich automatisch in den Supermarkt an die Tiefkühltruhe. Ich kaufte das erste Mal seit meiner Diät eine Tiefkühlpizza. Der „Gourmet“-Titel der Pizza konnte es auch nicht mehr gut machen. Ich hatte meine Selbstkontrolle verloren. Als „einmaliger Ausrutscher“ abgetan, fuhr ich eine Woche später zu meiner nächsten Prüfung und wurde wieder mehr als enttäuscht. Ich rannte also so schnell ich konnte, zum nächsten Supermarkt und kaufte mir gleich zwei Tiefkühlpizzen. Ich eilte in den vierten Stock, riss die Klappe des Ofens auf und steckte die Pizza rein. Ich nahm mir nicht einmal die Zeit, meinen Wintermantel davor ausziehen.

Pizza – ein Wort mit fünf Buchstaben aber mindestens 100, daran behafteten, Erinnerungen und Emotionen.

Für mich ist Pizza eine Art „Allheilmittel“ geworden. Als würde fettiges Essen gesund und glücklich machen. Es ist der einfachste Weg sich zu ernähren und selbst zu belügen. Die Prüfung war schrott – Egal, nach der Pizza geht es mir besser.

Aber ist der einfachere Weg immer der bessere? Oder anders formuliert: Muss man sich IMMER hart anstrengen und kämpfen, um etwas gutes zu erhalten?

Wenn alle Menschen fett wären, wäre die Welt dann eine glücklichere?

Fragen über Fragen, die mich zu dem Punkt gebracht haben:

Die Welt ist wie Pizza – Vielversprechen und Heimtückisch. Zuerst wirst du überschüttet mit Versprechungen und Glücksgefühlen. Doch was folgt, ist die schnelle  Quittung. Die Welt verspricht soviel. Vom Tellerwäsche zum Millionär oder vom 15-jährigen Dorfmädchen zum internationalen Topmodel.

Ich denke, PIZZA ist die Einstiegsdroge. Der Türöffner zum Erfolg. Was man daraus macht, ist für jeden selbst bestimmt.

Das erste was ich heute gemacht habe, war mit einem riesigen Müllbeutel bewaffnet, alle Pizzakartons zu entsorgen. Es waren nur drei. Doch ich fühlte mich, als würde ich ein ganzes Kriegsgebiet aufräumen. Ich war wieder bereit, anzufangen und meine Ziele anzugehen.

Vielleicht sollten wir mehr auf uns selbst hören, als auf Kohlenhydrate und Tv-Shows. Viel Glück dabei. 

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